Ich maße mir auch einen kleinen Kommentar an. Als ehemals überzeugter Fan des SSV Markranstädt schielten ich auch immer ein wenig neidig nach Leutzsch oder Probstheida. Trotz aller Skandale und Finanzkrisen, Selbstdarsteller und Sonnenkönige fielen beide Clubs immer wieder auf die Füße. Zwar schwach, aber sie standen. Der SSV-Nachwuchs und die Eltern sahen immer etwas erboßt nach Leutzsch, wenn wieder einmal Talente abgeworben wurden. Es wurde irgendwann aber hier akzeptiert, dass der FC Sachsen einen besseren Namen hatte und viele Väter waren stolz, wenn ihr Sprössling dort kicken durfte und aus unserer Provinz rauskam. Jetzt kam RB und für viele ist das toll, da sich der Spieß nun umdreht. Der SSV wird aber kaum wahrgenommen. Vielleicht ändert sich das, wenn die 2. bis 4. Mannschaft tatsächlich an uns zurückfallen.
Ich hätte aber nie gedacht, dass der SSV mal die Chance hinter RB bekommt, in und um Fußball-Leipzig nochmals eine vordere Geige mitzuspielen. Langsam aber sicher bin aber sogar davon überzeugt, dass wir das doch schaffen können.
Diese Fansplittung ist das größte Eigentor, was dem FCS passieren kann. Und die Kinder kapieren das sowieso nicht, wieso der eine Verein Chemie heißt und der andere doch irgendwie auch. Selbst unsere Kids finden den Namen FC Sachsen cool, weil er etwas heimatliches verkörpert. Bei Chemie denken einige mit Grausen an Schule, bei Lok mit Freude an ihre Modelleisenbahn. Aber an Fußball?! Die nächsten Generationen verlieren doch auch immer weiter den Kontakt zu früher.
Unter den Alten mag ja CHEMIE der klar favorisierte Name sein. Vielleicht brächte der vorübergehend auch 2000 Zuschauer. Aber wenn der Leutzscher Fußball neue Fans gewinnen will, die sich mangels eigener Erlebnisse oder Überlieferungen von Opa nicht mit Chemie identifizieren können, dann muss er auch über seinen Schatten springen und an diese Generationen denken, um man werben will. Das geht nur mit einem Namen, der auch über die Wahrnehmungsgrenzen der eigenen Fans hinausgeht.
Auf mich wirkt Chemie genauso gekünstelt wie Red Bull. Während in Markranstädt rot-gehörnte Litfaßsäulen nerven, ist es in Leutzsch diese überpräsente Traditionsbewahrertum, das aber nur an Worthülsen festgemacht wird. Wenn man hier bei uns mit dem Nachwuchs oder mit Trainern und Eltern ins Gespräch kommt, die letztes Jahr aus Leutzsch rüberkamen, wird einem das alles erst einmal bewusst.
Ich habe nichts gegen den Namen BSG Chemie. Die Schachspieler sind damit seit einigen Jahren aufgewachsen und verkörpern das auch. Für die alten Fußball-Traditionalisten ist das auch wichtig. Warum ist es denn nicht möglich, den Verein als Förderverein und Auffangbecken für die kleinen Sportarten zu lassen und wie früher mit einerTraditionsmannschaft zu Seniorenturnieren tingeln? Die Fußballer halten sie doch so oder so nur als Klotz am Bein.
Das ist nur meine bescheiden Meinung dazu. Ich war nie leibhaftiger Chemie-Fan. Aber bin zum FC Sachsen in den letzten Jahren dennoch gern das eine oder andere Mal gegangen, weil im Namen auch unsere Region steckt. Aber mit dem Namen Chemie? Nein, das wäre dann doch nichts für mich. Dann kann ich auch zu RB gehen. Da steckt auch genügend Chemie drin.
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